Anfang Mai reisen wir wieder.
In Oslo brechen wir mit einem gemieteten Camper auf und fahren nach Ålesund, wo wir das raue Nordmeer begrüssen. Entlang der spektakulären Küste führt uns unsere Reise nach weiter Bergen. Wir besuchen dort Evelyns Kusine.
Unser Abenteuer setzen wir in den Fjorden fort, die wir auf dem Wasser, auf engen Strassen und mit Wanderungen entdecken. Nach vier Wochen voller Erlebnisse kehren wir über Oslo zurück in die Schweiz.
Natürlich werden uns auch unsere treuen Kameras auf dieser Reise durch Westnorwegen begleiten. Du kannst unsere Erlebnisse und fotografischen Eindrücke ab dem 4. Mai hier verfolgen.
Vor neun Monaten blitzte zum ersten Mal die Idee auf, uns als gegenseitiges und vorgezogenes Geschenk zum ersten Geburtstag mit der «6» eine Reise nach Norwegen zu gönnen. Unsere Chefs gaben uns die Einwilligung für lange Ferien, vier Wochen im Mai. Die Idee wurde zum Plan. Bücher und das Web offenbarten Reisetipps, Sehenswürdigkeiten, Erlebnisberichte und viele inspirierende Bilder. Irgendwann nach Weihnachten setzten sich diese zahlreichen Puzzle-Teile zu einer Route durch Westnorwegen (Norge Vestland) zusammen.
Bei den netten Jungs von McRent übernehmen wir unseren Camper. Zuerst ist etwas Büro zu erledigen, Ausweise erfassen und 15000 NOK als Kaution hinterlegen. Dann dürfen wir uns 19 Filme mit einer Dauer zwischen dreissig Sekunden und drei Minuten Dauer anschauen. Alle Details von allen McRent-Fahrzeugen werden erklärt. Glücklicherweise gibt es keinen Test zum Schluss. Es folgt die Inspektion des Peugeot. Kratzer, kleine Dellen werden akribische auf einem Formular protokolliert. Wir kommen zu praktischen Instruktion: Die Eigenheiten, des 12V-Stromversorgung werden genauso erklärt wie die Verwendung der Chemiezusätze in der Bordtoilette. Zwei Stunden sind vergangen, bis wir Wulfie mit unserem Gepäck beladen. Wir sind «on the Road».
Der Sonntagmorgen ist etwas ganz Besonderes, auch in der Ferien. Die Umgebung ist still, Menschen sind noch nicht unterwegs. Auch Jogger und Hundebesitzer erscheinen erst später. Ich schleiche aus dem Camper und wandere zum Strand des Mjøsa-Sees. Der Himmel über mir wäre ideal zum Schäfchen zählen, denke ich, und schaue in die Ferne.
Im Øverdalen-Tal zieht der Fluss Rauma Richtung Åndalsnes, wo er schliesslich in die Weiten des Nordmeers mündet. Auf seinem Weg offenbart sich ein Schauspiel der Natur: Wasserfälle in mannigfaltigen Formen. Mal wild und tosend wie tobende Infernos, dann wieder sanft – leuchtende Regenbogen in der aufsprühenden Gischt. Wie ein zarter Schleier oder in majestätischen Kaskaden stürzen sie von hohen Felsen hinunter. Jeder dieser Wasserfälle ist ein Naturkunstwerk, einzigartig in seiner Erscheinung und seiner Kraft.
Ålesund ist eine norwegische Küstenstadt, die für ihre einzigartige Architektur im Jugendstil bekannt ist. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 1904 wurde die Stadt neu erbaut. Auf unserer Fahrt nach Hellesylt nutzen wir zum ersten Mal auf dieser Reise eine Autofähre. Vielleicht fragt sich der ein oder andere Norweger, was daran so interessant ist; Beat erkundet während der 15-minütigen Überfahrt jeden zugänglichen Winkel des Schiffs. Der direkte Weg zum Tagesziel ist uns zu geradlinig. So machen wir die Erfahrung, dass Wulfie auch Gravelroad (Kiesstrassen) bewältigen kann.
Der Geirangerfjord, ein UNESCO-Welterbe, ist bekannt für seine Schönheit und dramatische Landschaft. Das Dorf Geiranger ist ein beliebter Anlaufpunkt für die Kreuzfahrt-Industrie. Wir setzen mit der regulären Fähre von Hellesylt nach Geiranger über. Die Fahrt dauert etwas über eine Stunde. Wasserfälle stürzen bis zu 300 Metern Höhe von den Felswänden herab, darunter die berühmten «Die sieben Schwestern». Hinter dem Namen verbirgt sich eine norwegische Sage über verschmähte Liebe …
Runde ist eine von vielen Inseln des Archipels Sørøyane südwestlich von Ålesund und wird von 95 Menschen permanent bewohnt. Die Insel Runde hat eine Fläche von 6,4 Quadratkilometer und einen Umfang von ca. 20km. Der höchste Punkt ist der Runde Varde mit 333m.
Auf dem flachen Unterland, das den Fuss der Berginsel im Süden und Osten umgibt, wird noch heute Landwirtschaft betrieben. Neben der Landwirtschaft bildet die Fischerei, Seefahrt und der Tourismus die Lebensgrundlage der Einwohner.
An den bis zu 250m hohen Felswänden im Westen der Insel liegen die Brutkolonien der Seevögel. Wie in einer gigantischen Hochhaussiedlung brüten hier dicht gedrängt jedes Jahr 500'000 bis 700'000 Seevögel.
Wir lieben es, zu wandern, zu Fuss unsere Umgebung zu erkunden. In unserem eigenen Tempo sind wir unterwegs zum Leuchtturm auf der Nordseite von Runde. Die Insel ist sehr hügelig, die höchste Punkt der Wanderung liegt auf 275 Metern über dem Meeresspiegel. Durch das Moorgebiet ist der Weg stellenweise mit flachen Steinen befestigt oder mit schmalen Bohlenwegen ausgebaut. Wo das fehlt, hören wir das Schmatzen unter unseren Wanderschuhen. Unterwegs beobachten wir die räuberischen Skuas, Basstölpel und Silbermöwen. Wir haben ein paar Bilder von unserer Wanderung mitgebracht.
Vestkapp liegt am Rande einer Klippe am westlichsten Punkt Norwegens. Der Panoramablick auf den weiten Atlantik ist grandios. So ruhig das Meer heute ausschaut, Stadhavet ist eines der unbarmherzigsten Gewässer entlang der norwegischen Küste. Schnell wechselndes Wetter, Wellen und starke Strömungen stellen eine herausfordernde Umgebung für durchfahrende Schiffe dar.
Wir sind an der Küste Westnorwegens unterwegs. Wo immer es möglich ist, meiden wir die Hauptstrassen und tuckern mit Wulfie auf Nebenwegen. Die Landschaft ist einfach faszinierend. Es scheint, als würde hinter jeder Kurve ein neues, atemberaubendes Bild auf uns warten. Immer wieder halten wir an, um die Szenerie zu bestaunen und ein Foto davon zu machen. Süsswasserseen wechseln sich mit dem Salzwasser des Atlantiks ab. Rote Häuser kontrastieren mit weissen Schiffen und das frische Grün des Frühlingslaub belebt die Landschaft. Und über allem erstreckt sich ein endloser Himmel, der uns mit seiner Weite wieder in seinen Bann zieht.
Eine halbe Stunden mit den Schnellboot dauert die Fahrt von Florø zur grünen, grasbedeckten Insel Kinn (ausgesprochen: «Tschinn»). Im 19. Jahrhundert, als die Fischerei und insbesondere die Heringsfischerei im Winter ihren Höhepunkt erlebten, lebten in der Hochsaison insgesamt rund 1.500 Menschen auf den Inseln Kinn und Nærøyna. Viele waren Saisonarbeiter, aber es führte auch dazu, dass sich viele Menschen dauerhaft auf der Insel niederließen. Aufgrund des reichhaltigen saisonalen Fischfangs mussten viele Menschen Häuser am Meer mieten, um dort zu leben, und viele arbeiteten auch mit dem Salzen, Konservieren und Verarbeiten des Fisches. In Kinn und Nærøyna, das nördlich von Kinn liegt, waren insgesamt höchstens 86 Salzereien in Betrieb.
Heutzutage leben noch sechs Einwohner ständig auf Kinn.
Es gibt Tage, an denen wir eher zu Fuss auf Entdeckungstour gehen, und an anderen Tagen legen wir mit Wulfie grössere Strecken zurück. Heute ist so ein Tag. Auch auf solchen Etappen gibt es viel zu entdecken.
Begleite uns dabei!
Bryggen in Bergen ist eines der bekanntesten mittelalterlichen Stadtviertel Norwegens. Die Hanseaten, Kaufleute des Deutschen Hanseverbands, errichteten im Jahr 1360 ein Auslandskontor auf Bryggen und beherrschten diesen Stadtteil fast 400 Jahre lang.
Bryggen wurde von zahlreichen Bränden heimgesucht. Der grosse Brand von 1702 zerstörte die gesamte Stadt, doch Bryggen wurde anschliessend wieder aufgebaut. Die alte Bauweise wurde beibehalten, sodass das Erscheinungsbild von Bryggen heute noch dem des 12. Jahrhunderts entspricht.
Am 17. Mai gedenkt das norwegische Volk der Unterzeichnung der norwegischen Verfassung, weshalb man den Tag auch als Verfassungstag bezeichnet. Die Verfassung, die am 17. Mai 1814 in Eidsvoll unterschrieben wurde, war für das Land ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit von Schweden. Obwohl der Feiertag patriotisch ist, ist die Atmosphäre sehr offen und fröhlich.
Alle Läden sind geschlossen. Auch der Besitzer des Campingplatzes hat heute ein Schild vor die Türe der Rezeption gestellt.
Eine der wohl bekanntesten Felsformationen in ganz Norwegen ist der Preikestolen. Das wissen mittlerweile auch viele Reisende. Die Felsformation Slottet bei Mo im Modalen muss sich in keiner Weise hinter seinem populäreren grossen Bruder verstecken, ist aber abseits der grossen Routen.
Unsere heutige Tagesetappe führt uns über einen Pass, der 600 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Wir haben den Eindruck, dass in Norwegen das Gebirge früher beginnt. Bereits in einer Höhe von drei- bis vierhundert Metern erreichen wir die Baumgrenze, und darüber wirkt die Landschaft ziemlich alpin.
Die Strasse durchs Gaularfjell entwickelte sich nach ihrer Eröffnung im Jahr 1938 rasch zu einer bedeutenden Verkehrsader. Heute bietet sie eine ruhige Alternative zu den stark befahrenen Hauptverkehrsstrassen. Wir bevorzugen das Reisen auf diesen kleineren Strassen, da sie uns die Möglichkeit geben, jederzeit anzuhalten und die beeindruckende Landschaft zu geniessen. Auf den Nationalstrassen sind wir auf die festgelegten Rastplätze angewiesen.
Eine schöne Möglichkeit, die Stabkirche von Ornes und die wunderschöne Umgebung zu erkunden, ist eine Fahrt nach Solvorn und die Überquerung des Lustrafjords mit der Fähre nach
Ornes. Vom Fähranleger ist es ein kurzer Spaziergang bergauf zur Stabkirche.
Norwegen wird häufig als Traumziel für Reisende bezeichnet, und das aus gutem Grund. Die vielfältigen und atemberaubenden Landschaften des Landes bieten das ganze Jahr über eine breite Palette an Outdoor-Aktivitäten. Diese natürliche Schönheit wird durch ein effektives Marketing der norwegischen Tourismusverbände zusätzlich hervorgehoben.
Jetzt, im Mai, befinden wir uns noch in der Vorsaison. Zu dieser Zeit gibt es reichlich Platz, solange nicht gerade Kreuzfahrende landen. Doch von Juni bis August erreicht der Tourismus seinen Höhepunkt. In diesen Monaten stösst die Infrastruktur an ihre Grenzen und wird gelegentlich sogar überlastet. Das zumindest berichten uns die Einheimischen.
Die Flåmsbana fährt vom Ende des Aurlandsfjords hinauf zur Bahnstation Myrdal auf 867 Meter über Meer. Der Zug durchquert eine beeindruckende Landschaft, fährt am Rallarweg entlang, vorbei an steilen Bergflanken und Wasserfällen.
Der Bau der Eisenbahnstrecke begann im Jahr 1923 und wurde 1940 abgeschlossen. Sie gilt als eine der grössten Ingenieursleistungen Norwegens. Die 20km lange Bahnstrecke ist eine der steilsten Normalspurstrecken der Welt: 80% der Strecke verlaufen mit einer Steigung von 5,5%. Auf ihrer Fahrt durchquert die Flåmsbana insgesamt 20 Tunnel, von denen 18 von Hand gebaut wurden. Einer der Tunnel nimmt sogar eine 180-Grad-Kurve im Inneren des Berges.
Die Route 50 in Norwegen, auch bekannt als Fylkesvei 50, ist eine malerische und landschaftlich beeindruckende, knapp über 100 Kilometer lange Strasse, die die Orte Aurland und Hol miteinander verbindet. Der höchste Punkt ist Vestredalsvatnet-Pass, der sich auf 1.150 Metern über dem Meeresspiegel befindet. Die Spuren des Winters sind noch deutlich erkennbar. Höher gelegene Seen sind noch gefroren, in Senken und an Hängen liegt noch Schnee, und die Birken tragen erste Knospen. Das neblige Wetter verstärkt die eindrucksvolle Atmosphäre
Die Hardangervidda ist ein Plateaufjell und die grösste Hochebene Europas. Sie hat eine Fläche von etwa 8000 km². Die Nationalstrasse 7 führt teilweise auch durch den Hardangervidda Nationalpark. Die Strecke bietet eindrucksvolle landschaftliche Kontraste vom Hochgebirgsplateau, das auf 1250 Metern liegt bis hinunter zum Hardangerfjord. Jetzt im Mai liegt noch Schnee und die höhergelegenen Seen sind noch zugefroren.
Utne (Kommune Ullenvang) liegt im Norden der Folgefonnhalbinsel. Es is ein kleines Dorf mit 146 Einwohnern. Der Tourismus ist heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, aber auch der Obstanbau ist für die Region immer noch sehr wichtig. In Utne gibt es nicht die grossen Reisebusse wie an anderen Orten in Hardanger, sodass es sich fast wie ein gut gehütetes Geheimnis anfühlt, dort zu sein. Allerdings ist das Dorf bei Norwegern sehr beliebt.
Wir fahren durch das Oddatal auf der E134. Es ist trüb, und alle paar Minuten beginnt es zu regnen. Trotz des Wetters sind wir fasziniert von den Kontrasten der Landschaft. Der Låtefossen donnert mit fauchender Gischt tosend von den Felsen. Nur ein paar Kilometer weiter breitet sich das Land weit und still vor uns aus, ruhig und noch im Winterschlaf, bereit, den Frühling willkommen zu heissen. Die Kontraste sind überwältigend.
Das Dorf Åmot im Gebiet Telemark ist mittelgross und hat etwas über 4000 Einwohner. Die Bevölkerungsdichte im Gemeindegebiet beträgt 3 Einwohner pro Quadratkilometer. Das bedeutet, dass wir nur ein paar Schritte wandern müssen, um uns in der Natur zu befinden.
Åmot ist bekannt für seine waldreiche Umgebung, die sowohl die Forstwirtschaft als auch den Tourismus prägt. Viele Besucher kommen hierher, um die malerischen Landschaften und Wanderwege zu geniessen. Zudem gibt es in Åmot eine gut entwickelte Infrastruktur für Outdoor-Aktivitäten wie Angeln, Kanufahren und Skilanglauf im Winter.
Unsere Norwegenreise neigt sich dem Ende zu. Das zeigt sich auch daran, dass wir den Städten wieder näher kommen. Beat ist jetzt häufiger am Navigieren, während Evelyn Geduld im Stau vor Oslo übt. Auf unserer zweitletzten Etappe mit Wulfie haben wir Kongsberg besucht, eine Stadt mit einer lebhaften Geschichte, u. a. im Silberbergbau. In Oslo besuchten wir das FRAM-Museum der Polarforscher, welches uns mit einer faszinierenden Ausstellung und dem berühmten Polarschiff «Fram» begeisterte.
Morgen bringen wir dann Wulfie zum Vermieter zurück.
Das Opernhaus in Oslo, bekannt als die «Den Norske Opera & Ballett», ist ein architektonisches Meisterwerk und eines der bekanntesten Wahrzeichen Norwegens. Es wurde vom internationalen Architekturbüro Snøhetta entworfen und im Jahr 2008 eröffnet. Das Gebäude zeichnet sich durch seine markante, schiefe Dachstruktur aus, die sich sanft ins Wasser des Oslofjords neigt und den Besuchern die Möglichkeit bietet, darauf spazieren zu gehen.
Dies ist der letzte Beitrag für unseren Blog «Norge Vestland». Wir schreiben ihn bereits zu Hause. Vier Wochen sind eine kurze Zeit, denn sie sind schon vorüber. Vier Wochen sind ebenso eine lange Zeit, in der wir unvergessliche Erlebnisse und beeindruckende Landschaften entdecken durften. Unsere Reise durch Westnorwegen wird für immer in unseren Herzen bleiben. Bilder von unterwegs werden wir in einem Kalender und einem Fotobuch festhalten – darauf freuen wir uns schon jetzt.